
Peru-Einsatz 2022 – Woche 2 bis 4
Die letzten Wochen vergingen wie im Flug. Bei so vielen Eindrücken, Baustellen und Aufgaben blieb keine Zeit für einen Zwischenbericht. Daher kommen hier nun die Entwicklungen der letzten drei Wochen:
Not- und Sonnenstrom
Nachdem wir in der ersten Woche hier in Peru bereits sehr gut voran kamen und das Notstromsystem in den Testbetrieb nehmen konnten, haben wir in den folgenden Wochen vor allem an der Abstimmung von Stadtnetz, Batteriespeicher, Wechselrichtern und Notstromgenerator gearbeitet.
Für die zugehörige Mini-Photovoltaikanlage haben wir von unserem peruanischen Architekten Estática y dinámica für das von uns geplante Vordach an Haus 1 berechnen lassen. Dieser Standort hat sich bestens angeboten, da er perfekt nach Norden (ja, hier wandert die Sonne anders herum 😉) ausgerichtet und kaum verschattet ist. Zudem spendet das neue Vordach über dem Warteplatz für wartende Familien nun Schatten in der Trocken- und Regenschutz in der Regenzeit.
Wir sind sehr beeindruckt von der Stromproduktion! Aufgrund der Höhe von knapp 3.000 Metern über Meeresspiegel und der Nähe zum Äquator liefern die vier Photovoltaik-Module an sonnigen Tagen etwa ⅓ des Tagesenergiebedarfs von casayohana.
Damit dieses doch recht komplexe System möglichst einfach bedient werden kann gibt es zum Einen einen Touch-Monitor, der (aktuell noch auf Deutsch) den Systemzustand, Füllstand des Generator-Tanks und Fehlermeldungen anzeigt. Zum Anderen haben wir für die wichtigsten Informationen eine Signalampel entwickelt. Über ein einfaches Blinkmuster wird in grüner Farbe angezeigt, ob das System sich gerade im Netz-, Generator- oder Batteriebetrieb befindet. Gelb zeigt an wie dringend der Dieseltank nachgefüllt werden muss und die rote Lampe signalisiert verschiedene Fehlermeldungen.








Einige Details für Zahlen-Nerds
Der Batteriespeicher auf Lithium-Eisenphosphat-Technologie (kurz: LiFePo4) verfügt über eine Kapazität von 28,4 kWh und speichert damit etwas weniger als den Strombedarf eines Tages. Die drei Wechselrichter des Typs Victron Energy Quattro-II ermöglichen im reinen Batteriebetrieb dauerhaft 4 kW Leistung je Phase aus dem Speicher abzurufen. Bei Netzausfall und höherem Energiebedarf, meist Mittags wenn gekocht wird, oder bei niedrigem Akkustand schaltet sich der Generator der Marke Atlas Copco automatisch zu. Aufgrund der dünneren Luft hier oben liefern Generatoren generell nur ca. 80% der Leistung laut Werksangabe, entsprechend haben wir uns für einen Generator mit 19 kVA entschieden, womit wir bis zu 20 Ampere je Phase abrufen und so auch bei Stromausfall auf ausreichend Leistungsreserven zurückgreifen können.
Die installierte Leistung der Photovoltaikanlage beträgt lediglich 1,75 kWp. In den letzten sieben Tagen konnten wir im Durschnitt 8,7 kWh pro Tag erzeugen. Das liegt ziemlich nah an der Prognose, die ich mit dem Tool PVGIS der Europäischen Kommision (s. unten) berechnet hatte. Trotz der nicht ganz optimalen Ausrichtung wird die Anlage laut Prognose etwa den doppelten Ertrag wie eine vergleichbare Anlage in Deutschland liefern.

Die Erweiterung des Notstromsystems um die Photovoltaikanlage hat inklusive der gesamten Vordach-Konstruktion etwa 2.500 € gekostet. Daraus ergibt sich für den Sonnenstrom über 20 Jahre Laufzeit ein Strompreis von etwa 0,06 € je kWh.
Auch hier in Peru sind die Stromkosten in den letzten Jahren ordentlich gestiegen, wenn auch glücklicherweise nicht so stark wie zuletzt in Deutschland. Während die Kilowattstunde bei meinem ersten Aufenthalt hier in 2018 noch umgerechnet etwa 0,12 € kostete, werden nun bereits rund 0,20 € pro kWh berechnet. Daraus ergeben sich für den prognostizierte Jahresertrag von rund 3.000 kWh eine Stromersparnis von rund 420 €! Oder anders: Bis Ende 2026 hat sich das Vordach und die Anlage amortisiert.
Der Grund für den Bau dieser kleinen Anlage war es, neben der offensichtlichen Stromkostenersparnis, vor allem Erfahrungswerte zu sammeln. Durch eine Auswertung der Erzeugungsdaten können wir fundiert eine größere Anlage planen, um den gesamten Stromverbrauch zu decken und gleichzeitig die Laufzeit des Generators während Netzausfällen zu reduzieren. Diese größere Anlage soll, so der aktuelle Plan, auf dem Dach des in Planung befindlichen dritten Hauses entstehen. Die Dächer der zwei bestehenden Häuser sind aus verschiedenen Gründen leider nicht zur Montage von Photovoltaik geeignet.

Elektrik, Blitzschutz und Netzwerk-Kommunikation
Neben dem Notstrom-System stand auch eine Überprüfung der Elektroverteilungen aller Häuser auf dem Plan. Unsere zwei Elektro-Meister sind dafür durch jedes Stockwerk aller Häuser gezogen und haben gemessen, Fehlerschutzschalter ein und zu groß dimensionierte Leistungsschutzschalter umgebaut. Teils mussten die recht klein dimensionierten Sicherungskästen dafür etwas unkonventionell angepasst werden.
In vielen Stockwerken wurden zudem Lampen, Steckdosen und Verteilerdosen von der peruanischen Ader-Wickel-Technik auf Klemmverbindungen nach deutschem Standard umgebaut. Einige Verdrahtungen, wie die Pumpensteuerung und die ungewollte Disco-Funktion der Außenbeleuchtung haben unsere Elektriker durchaus etwas ins Grübeln gebracht – Letztlich konnten aber alle Mysterien aufgedeckt und korrigiert werden.
Eine weitere wichtige Aufgabe unseres Einsatzes war der Einbau von Blitzschutz-Einrichtungen, da in letzter Zeit durchaus beträchtliche Schäden an Geräten durch Überspannungen entstanden sind. Zudem haben wir die Netzwerkverteilungen zwischen den Häusern von Kupfer- auf Glasfaserleitungen umgebaut, um auch hier Überspannungsschäden vorzubeugen. Nicht zuletzt wurden Vorbereitungen für eine schnellere Internetverbindung auf der Spitze des Wasserturms getroffen.





Was sonst noch so los war
Neben all diesen Arbeiten wurde ein Wasserschaden gefunden, ein weiterer unabsichtlich geschaffen und letztlich beide schnell behoben. Weiter wurden die Belüftungen der Abflüsse optimiert, um sich der üblen Gerüche in den Bädern zu entledigen. Und viele weitere kleinere und größere Probleme konnten behoben werden. Zudem hatten wir immer wieder Gelegenheit das casayohana-Team zu Familien im Umland von Andahuaylas zu begleiten.
Nach 3,5 Wochen war bereits die Zeit für vier unserer Begleiter zu Ende. Am Montag, den 26.09., haben Papa und ich sie daher nach Cusco begleitet, von wo aus sie ihre Heimreise angetreten haben. Nach einer ungewollten Zwangspause von 48 Stunden in Lima sind sie mittlerweile wieder heil in Deutschland angekommen.
Mein Papa und ich haben im Anschluss die "angehäuften Überstunden" für einen Kurzurlaub in Cusco genutzt. Von dort aus ging es einen Tag auf den Berg Vinicunca, auch bekannt als der Regenbogenberg, der uns mit seinen Farben und 5.006 Meter Höhe ziemlich den Atem geraubt hat. Einen weiteren Tag haben wir archäologische Ausgrabungen aus der Inka-Zeit, wie den Templo del Sol in Ollantaytambo und die Festung in Pisaq besichtigt. Am Freitag Morgen ging es dann für einen beauftragten Großeinkauf in ein Einkaufszentrum in Cusco und im Anschluss über acht Stunden zurück nach Andahuaylas.







Wie geht es weiter?
Die Hälfte meines Aufenthalts hier bei casayohana ist nun bereits vorbei, wow! Die wirklich großen Punkte konnten wir zwischenzeitlich von der langen TODO-Liste streichen. Trotzdem ist die Liste noch lang, sodass der verbleibenden Crew in den nächsten drei Wochen sicher nicht langweilig werden wird.
Ich halte euch gerne weiterhin auf dem Laufenden!